Cloud Seeding hat nichts mit den Überschwemmungen zu tun
Cloud Seeding hat nichts mit den Überschwemmungen zu tun
Überschwemmungen sind in den sonst für ein heisses, trockenes Wüstenklima bekannten Emiraten einzigartig, doch genau dies geschah Mitte April 2024. Die für die Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ungewöhnlich heftigen Regenfällen machten international Schlagzeilen. Das Zentrum für Meteorologie der VAE verzeichnete am 16. April 2024 die höchste Niederschlagsmenge seit dem Beginn der Aufzeichnung.
Schnell kam in den Sozialen Medien der Verdacht auf, dass dieses aussergewöhnliche Wetterereignis künstlich herbeigeführt wurde. Ein Beitrag des Schweizer Fernsehens vom 17. April 2024 wird von einem User kommentiert, die Emirate würden «ihre täglichen Geoengineering- und die Chemtrail-Angriffe auf uns» durchführen. Stimmt das?
Falsch. Ein Tiefdruckgebiet verursachte in den Emiraten im April heftigen Regenfälle. Teilweise beeinflussen die VAE das Wetter beispielsweise durch Cloud Seeding. Doch hat das sogenannten Wolkenimpfen nur lokal und kurzfristig Auswirkungen auf den Niederschlag. Cloud Seeding ist nicht mit Geoengineering gleichzusetzen, dessen Technologien auf eine Veränderung des Klimas abzielt.
Die heftigen Regenfälle in den VAE im April 2024 sind auf ein Tiefdruckgebiet zurückzuführen, das von den Behörden einige Tage vorher angekündigt wurde. Der Meteorologische Dienst der VAE informierte am 11. April 2024 über diverse Social-Media-Kanäle über die eintreffende instabile Wetterlage und die zu erwartenden Regenfälle. Lokale Medien griffen diese Information auf.
Das Wetterereignis hat nichts mit Cloud Seeding zu tun, um künstlich Regen zur erzeugen. Dies bestätigte Ulrike Lohmann von der ETH auf Anfrage von Keystone-SDA. Die Professorin am Institut für Atmosphäre und Klima schreibt, wenn eine Wolke sowieso Niederschlag bildet, wie im April in den VAE, brauche es das Cloud-Seeding gar nicht.
Mittels Cloud-Seeding lokal und kurzfristig Regen erzeugen
Cloud-Seeding ist eine Technik der Wettermodifikation mit dem Ziel, Regen oder Schnee zu erzeugen. Dabei werden mittels Salzen wie Silberjodid die Kondensation von Wasserdampf in einer Wolke unterstützt. Dies kann nur funktionieren, wenn «die Wolke genügend Wasser enthält, dass es ohne zu verdunsten den Erdboden erreichen kann, aber die Wolke noch nicht genügend grosse Tropfen (oder Eiskristalle) hat, um von sich aus zu regnen», schreibt Lohmann.
Das Vorhandensein von Wolken ist für das Cloud Seeding unabdingbar, doch nicht jede Wolke eignet sich. Der erhoffte künstlich erzeugte Regen setzt nicht immer ein. Gemäss Lohmann sei Cloud Seeding nur in wenigen Fällen erfolgreich.
Keinen Einfluss auf das weltweite Klima
Das Cloud Seeding-Programm der VAE hat keinen Einfluss auf das Klima weltweit und auch nicht auf das Klima in der Schweiz, da eine derartige Wetterbeeinflussung lediglich lokal und kurzfristig ist, schreibt die ETH-Professorin. Wettermanipulation ist folglich nicht mit Geoengineering gleichzusetzen, betont Lehmann.
Geoengineering-Techniken zielen auf eine Klimaveränderung ab, indem entweder Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entfernt oder der Wärmehaushalt der Erde verändert wird. Um eine Klimaveränderung herbeizuführen, sei eine «grossräumige Beeinflussung über lange Zeiträume» notwendig, schreibt die ETH-Professorin.
Cloud Seeding-Programm der VAE weltweit bekannt
Das Cloud Seeding-Programm der VAE sowie deren internationale Beteiligung an Forschungs- und Entwicklungsprojekten dazu ist international bekannt. Die Behörde der VAE kommuniziert offen über die Aktivitäten, physikalische und chemische Eigenschaften von Wolken über den VAE zu beeinflussen, um die Niederschlagsmenge zu erhöhen.
Aufgrund des Mangels an Süsswasserquellen in den VAE wird zurzeit hauptsächlich mittels entsalzten Meerwassers der Wasserbedarf im Land gedeckt. An Alternativen zur Süsswassergenerierung für die Bevölkerung wird geforscht und die VAE unterstützen diverse Bemühungen weltweit zur Bereitstellung von Trinkwasser.
Die Chemtrail-These, wonach angeblich in geheimen Missionen Chemikalien in die Luft gestreut werden soll, hält somit nicht stand.
Begründung der heftigen Regenfälle in den VAE
Wissenschaftler nennen verschiedene Faktoren dafür, dass es zu den extremen Niederschlägen in den VAE kam. Einerseits könne dies durch menschengemachte Klimawandel begünstigt worden sein. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) stellte fest, dass mit der Klimaerwärmung im Gebiet der Arabischen Halbinsel extreme Niederschläge zunehmen. Mit zunehmender Erwärmung werde nach Ansicht vom IPCC auch die Niederschlagsmenge sowie die Niederschlagsintensität und die Häufigkeit von extremen Regenfällen weiter ansteigen. In warmen Gebieten kann die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit speichern, was extreme Niederschläge begünstigt.
Facebook-Post (archiviert, Video archiviert)
SRF: Beitrag über die Überschwemmungen in den Emiraten, 17.04.2024
AP: Beitrag über die Überschwemmungen in den Emiraten, 18.04.2024 (archiviert)
CNN: Beitrag über die Überschwemmungen in den Emiraten, 18.04.2024 (archiviert)
Behörde der VAE: X-Post über Niederschlagsmenge, 16.04.2024 (archiviert)
Behörde der VAE: Extremes Wetterereignis, 22.04.2024 (archiviert)
Behörde der VAE: Cloud Seeding (archiviert, Youtube-Video archiviert)
Behörde der VAE: TikTok-Post mit dem Wetteralarm, 11.04.2024 (archiviert)
Behörde der VAE: TikTok-Post mit dem Wetteralarm auf Englisch, 11.04.2024 (archiviert)
Behörde der VAE: Instagram-Post mit dem Wetteralarm, 11.04.2024 (archiviert, Video archiviert)
Behörde der VAE: Wassersicherheit (archiviert)
NASA: Überschwemmungen in den VAE, 19.04.2024 (archiviert)
Dubai Eye: Artikel mit dem Wetteralarm, 11.04.2024 (archiviert)
NOAA: Cloud Seeding (archiviert)
Keystone-SDA: Faktencheck über Chancen und Risiken von Geoengeneering, 06.09.2023
NPJ: Steigerung der Niederschlagsmenge, 2023 (archiviert)
BAZL: Chemtrail-These, 27.10.2022 (Download) (archiviert)
WMO: Extremer Niederschlag auf der Arabischen Halbinsel, 26.04.2024 (archiviert)
IPCC: Faktenblatt über regionale Klimaveränderungen (archiviert)
Kontakt Faktencheck-Team: factchecking@keystone-sda.ch