Energie aus Sonnenblumen?
Energie aus Sonnenblumen?
Die erst Ende Mittelalter in Europa angesiedelte Sonnenblume dient vornehmlich der Ernährung, da ihre Kerne einen Ölgehalt von bis zu 50 Prozent besitzen. Noch im Jahr 2021 zählten Russland und die Ukraine zu den grössten Produzenten von Sonnenblumenkernen. Die Kerne enthalten neben Fett, viel Eiweiss, Vitamin E und Folsäure.
Einer Behauptung (archiviert) zufolge sollen Sonnenblumen in der Lage sein, sich nicht nur nach der Sonne auszurichten, sondern sich bei schlechter Witterung ihren Artgenossen zuzuwenden und ihre Energie mit ihnen zu teilen. Was ist Fakt?
Befinden sich Sonnenblumen noch im Wachstum, folgen ihre Blüten tatsächlich dem Sonnenverlauf. Auch bei schlechtem Wetter behalten sie ihre Rotation bei. Eine konkrete Ausrichtung nach Artgenossen gibt es jedoch nicht, ebenso wenig kann die «Königin des Sommers» Energie speichern und weitergeben.
Während der Wachstumsphase richten sich die Sonnenblumen täglich nach der Sonne. Am Morgen zeigen die Blütenköpfe nach Osten und folgen der Sonne Richtung Westen. In der Nacht drehen sich die Blumen dann wieder nach Osten. Die Bewegung folgt einer biologischen Dynamik, dem zirkadianen Rhythmus. Dieser wird genetisch gesteuert, das Licht wiederum beeinflusst das Wachstum.
Die Rotation wird auch bei schlechter Witterung beibehalten. Generell führt die Bewegung dazu, dass die Pflanze ihre potenzielle Biomasse und Blattfläche entfalten kann. Sobald die Sonnenblume reif ist und ihre Blüten sich zu öffnen beginnen, verlangsamt sich ihr Wachstum und sie bewegt sich nicht mehr. Die Sonnenblume ist dann nach Osten gerichtet. Nach Osten ausgerichtete Blüten erhitzen sich schneller, was sich positiv auf die Bestäubung auswirkt. Da Bienen warme Blumen mögen, werden diese häufiger von Insekten besucht.
Sonnenblumen wenden sich bei schlechter Witterung jedoch nicht ihren Artgenossen zu, teilt Matthias Erb von der Universität Bern auf Anfrage von Keystone-SDA mit. «Sie können Energie in der Form von Kohlenhydraten speichern», schreibt der Professor vom Institut für Pflanzenwissenschaften.
Die Sonnenblumen nehmen Sonnenergie in Form von Photonen – Lichtteilchen – auf, welche für den biochemischen Vorgang der Photosynthese notwendig sind. Unter Verwendung von Wasserstoff und Kohlestoff entstehen Kohlenhydrate, welche die Pflanze speichern kann und für die menschliche Ernährung notwendig ist. Als Abfallprodukt der Photosynthese entsteht Sauerstoff. Der biochemische Prozess spielt sich vor allem in den grünen Blättern ab. Die farbigen Blüten dienen vor allem zum Anlocken von Bestäubern, erklärt Erb.
Fazit: Die gelben Blüten der Sonnenblumen können weder Photonen speichern noch diese zu einem späteren Zeitpunkt weitergeben.
Sonnenblumenanbau in der Schweiz
Sonnenblumen werden auch in der Schweiz angepflanzt. Deren Anbaufläche ist nach einem Rückgang im Jahr 2020 wieder gestiegen und ist hierzulande nach Raps die am meist angebaute Ölsaat. Gemessen an den Schweizweiten Ackerflächen werden knapp zwei Prozent mit Sonnenblumen bewirtschaftet.
FAO: Bedeutung der Russischen Föderation und der Ukraine für die globalen Agrarmärkte, 10.06.2022 (archiviert)
Studie zur Bewegung von Sonnenblumen (archiviert)
University of California, Davis: Bewegung der Sonnenblume, 04.08.2016 (archiviert)
University of Virginia: Bewegung der Sonnenblume, 05.08.2016 (archiviert)
Spektrum: Erläuterung Sonnenblume (archiviert)
Spektrum: Erklärung Zirkadianer Rhythmus (archiviert)
Spektrum: Erklärung Photon (archiviert)
Pflanzenforschung.de: Photosynthese (archiviert)
Pflanzenforschung.de: Kohlenhydrate (archiviert)
Schweizer Bauernverband: Schätzung der Schweizer Ackerfläche 2021, 08.2021 (archiviert)
Schweizer Bauernverband: Pflanzenbau (archiviert)
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