Mers-Forschung ermöglichte rasche Covid-19-Impfstoffentwicklung

null Mers-Forschung ermöglichte rasche Covid-19-Impfstoffentwicklung

13.10.2021 | Faktencheck

Mers-Forschung ermöglichte rasche Covid-19-Impfstoffentwicklung

Die Impfstoffentwicklung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 dauerte nur wenige Monate. Das vom amerikanischen Pharmaunternehmen Moderna entwickelte Covid-19-Vakzin erhielt nach jenem von Pfizer/Biontech als zweiter Impfstoff in der Schweiz am 12. Januar 2021 die Zulassung. Mit den ersten Zulassungen der Covid-Vakzine kam gleichzeitig auch die mRNA-Impftechnologie auf den Markt. Eine Impfstoffart, die vor der Pandemie noch nie eine Zulassung erhalten hat. Warum war ein derart rasanter Entwicklungsprozess möglich?

[Symbolbild] Der Haupteingang des Biotech-Unternehmens Morderna in Norwood, Massachusetts, USA, am 25. Februar 2020. Das von Moderna entwickelte Covid-19-Vakzin erhielt am 12. Januar 2021 nach jenem von Pfizer/Biontech als zweiter Impfstoff in der Schweiz die Zulassung. Foto: Keystone-SDA / EPA / CJ Gunther

Behauptung

Ein ursprünglich britischer Artikel ist auf mehreren Plattformen viral gegangen und ebenfalls im deutschsprachigen Raum erschienen. Demnach soll der Pharmahersteller Moderna den Covid-19-Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie bereits im Jahr 2019 entwickelt haben. Angeblichen «Geheimdokumenten» zufolge soll das US-Forschungszentrum National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) mit der Pharmafirma schon vor Pandemiebeginn die Impfstoffentwicklung vereinbart haben.

Beurteilung

Das Dokument wird in einen falschen Kontext gestellt. Eine Vereinbarung zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen Coronaviren trafen der Pharmahersteller Moderna und das NIAID zwar tatsächlich im Jahr 2019. Doch die Forschungskooperation betraf das Coronavirus Mers und nicht das aktuell kursierende Sars-CoV-2-Virus.

Sachlage

Ein Blogbeitrag mit einem schweizerischen Impressum, der ebenfalls in den sozialen Medien kursiert, berichtet über einen Artikel der britischen Desinformations-Website «Daily Expose». «Wie The Daily Expose anmerkte, gab es im Jahr 2019 kein einzigartiges Coronavirus, das eine Bedrohung für die Menschheit darstellte und einen Impfstoff gerechtfertigt hätte», ist im Beitrag zu lesen. Der Text endet mit der Frage: «Ist das nur Zufall, oder wussten Moderna und Anthony Fauci’s NIAID etwas, das wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten?»

Die Vereinbarung zwischen Moderna und NIAID, einem Teil des National Institutes of Health (NHI), war bereits ein Jahr früher in den Medien. Der US-Nachrichtenseite «Axios» zufolge könnten die US-Gesundheitsbehörde NHI geistiges Eigentum an Modernas Covid-19-Impfstoff besitzen. Seit mehreren Jahren arbeite das NIH zusammen mit Moderna an der Erforschung von Coronaviren.

Doch die Berichterstattung von «Axios» betonte, dass die Vereinbarung nicht auf das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 ausgerichtet ist und vor dessen Sequenzierung unterzeichnet wurde. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhielt die genetischen Sequenzen für Sars-CoV-2 am 11. Januar 2020 von den chinesischen Behörden. Also einen Monat nachdem Vertreter von NIAID und Moderna das vermeintliche «Geheimdokument» unterzeichneten.

In der Vereinbarung zwischen NIAID und Moderna ist der Seite 83 zu entnehmen, dass es sich um einen mRNA-Impfstoff gegen Mers handelt. Als Forschungsnotwendigkeit wird das epidemische Potenzial von Mers-Viren genannt und dass es aktuell – Stand der Vereinbarungsunterzeichnung – keinen Impfschutz dagegen gibt. Die rasche Entwicklung von Impfstoffkandidaten sei entsprechend notwendig.

Es existieren mehrere Typen von Coronaviren. Das Virus Sars-CoV-1 zirkulierte insbesondere im Jahr 2002. Zehn Jahre später trat das Coronavirus Mers auf. Beide Viren verbreiteten sich endemisch und lösten schwere Atemwegserkrankungen aus. Folglich sind Coronaviren seit mehreren Jahren Forschungsthemen.

Das pandemische Potenzial der Coronaviren war schon länger bekannt. Um sich gegen eine Pandemie zu wappnen, beschäftigte sich die Forschung schon seit einigen Jahren mit Coronaviren. So entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Impfstoffkandidaten gegen das Mers-Virus. Dabei wurde ebenfalls die mRNA-Impfstofftechnologie verwendet. Mit diesem Wissen konnte Moderna den Covid-19-Impfstoff innert weniger Monate entwickeln. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) führt die rasche Impfstoffentwicklung gegen Sars-CoV-2 unter anderem auf die bisherigen Forschungsarbeiten und Erfahrungen aus den Sars- und Mers-Epidemien der Jahre 2002 und 2012 zurück. Andere Institutionen forschten ebenfalls vor Ausbruch der aktuellen Pandemie an Coronaviren und deren Bekämpfung.

Auch an mRNA-Impfstoffen wird schon seit Ende des letzten Jahrhunderts geforscht, unter anderem für die Krebstherapie. Doch die für die Weiterentwicklung und Anwendung erforderlichen Investitionen wurden erst mit der Covid-19-Pandemie möglich. Zudem lässt sich diese Impfstofftechnologie im Vergleich zu anderen Impfstoffarten schneller und effizienter im Labor herstellen. Auch Veränderungen und Anpassungen sind verhältnismässig einfach vorzunehmen.

Quellen

Artikel auf «Daily Expose»:

https://dailyexpose.co.uk/2021/06/18/confidential-documents-reveal-moderna-sent-mrna-coronavirus-vaccine-candidate-to-university-researchers-weeks-before-emergence-of-covid-19/

(archiviert: https://archive.ph/mAf0n)

Artikel auf «Corona-Transition»:

https://corona-transition.org/modernas-mrna-impfstoff-war-schon-im-dezember-2019-entwickelt

(archiviert: https://archive.ph/EA3AS)

Facebook-Post:

https://www.facebook.com/CoronaTransition/posts/309959970769304

(archiviert: https://archive.ph/zXMKS)

Swissmedic: Zulassung Covid-19-Impfstoff von Moderna, 12.01.2021:

https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/zulassung-covid-19-impfstoff-moderna.html