Verfehlt das WEF seine Ziele?
Verfehlt das WEF seine Ziele?
Das diesjährige Treffen des World Economic Forum (WEF) fand vom 15. bis 19. Januar statt. Dabei wurden insbesondere geopolitische Themen diskutiert, Herausforderungen der neusten technologischen Entwicklungen (Künstliche Intelligenz) und die Klimakrise diskutiert sowie einen Ausblick auf die Wirtschaftslage vorgenommen. Das Jahrestreffen in Davos gilt als eine der wichtigsten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Veranstaltungen in der Schweiz und knüpft an deren Tradition als Gastgeberland internationaler Konferenzen an. Das WEF will Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur zusammenbringen und den offenen Dialog fördern.
Ein Facebook-Post aus der gastgebenden Schweiz suggeriert, das WEF strebe dieses Jahr an, Privateigentum, private Landwirtschaft und privates Unternehmertum abzuschaffen und eine Weltregierung zu installieren. «Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein», steht unter einer Liste mit vermeintlichen Zielen des WEF. Will das WEF tatsächlich Privateigentum abschaffen?
Nein. Das WEF veröffentlichte vor Jahren einen Artikel einer dänischen Politikerin, welche ein Szenario ohne privates Eigentum beschreibt. Wie die Autorin dazu schreibt, sollte der Artikel über die Sharing Economy als Anstoss über eine Diskussion zum technologischen Fortschritt mit all seinen Vor- und Nachteilen dienen. Der Report erschien zum Jahrestreffen des Global Future Councils des WEF in Dubai im November 2016 und hat mit der Konferenz 2024 in Davos und den Zielen des WEF nichts zu tun.
Die im Sharepic zitierten Worte «Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein», sind also schon älter und gehen auf einen englischsprachigen Blogbeitrag der dänischen Politikerin Ida Auken vom November 2016 zurück, den das WEF auf seiner Webseite publizierte. Darin wird das Leben in einer Stadt beschrieben, in welcher die Kreislaufwirtschaft läuft und die Sharing Economy boomt. Dabei werden Materialien und Produkte geteilt, wiederverwendet und repariert. Techniken wie Künstliche Intelligenz und Roboter übernehmen im Alltag dabei so einiges.
Wie Auken später anmerkte, handelt es sich bei ihrem Blogbeitrag um einen Anstoss, über die Vor- und Nachteile der technologischen Entwicklungen zu diskutieren. Das beschriebene Szenario widerspiegle keinesfalls ihre Ansichten. Dies stellte Auken auch im Kommentar zum X-Post vom WEF mit der Verlinkung zum Artikel klar. Der Artikel ist unterdessen nicht mehr online, jedoch noch in den Internetarchiven auffindbar.
Das Zitat ist auf Englisch («You’ll own nothing. And you’ll be happy.») in einem Video (Abbildung) zu finden, welches das WEF in seinen Social-Media-Kanälen publizierte. Es wird wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei um verschiedene Beiträge von Mitgliedern des Global Future Councils handle. Dabei handelt es sich um ein interdisziplinäres Wissensnetzwerk des WEF, welches etwa 600 Vordenker aus Wissenschaft, Behörden, internationalen Organisationen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vernetzt.
Auken verfasste diesen Blogartikel für das Jahrestreffen des Global Future Councils in Dubai im November 2016. Dafür wurden mehrere Experten des Global Future Councils angefragt, eine Sicht auf die Welt im Jahr 2030 zu skizzieren, um mögliche Herausforderungen und Chancen darzustellen.
Behauptungen viel älter als Davos-Treffen 2024
Auch der Rest des Sharepics hat - anders als behauptet - nichts mit dem Davos-Treffen im Januar 2024 zu tun. Die Behauptung, das WEF wolle Privateigentum abschaffen, kursierte bereits im Jahr 2021, wie einem Faktencheck von Reuters zu entnehmen ist.
Älter ist auch die im Sharepic aufgeführten Liste, welche dem WEF zugeschrieben werden. Wie aus einem Faktencheck der AFP hervorgeht, kursierten diese vermeintlichen Ziele bereits im Jahr 2020, wurden damals aber der UNO zugeschrieben.
Auch der UNO wird immer wieder angedichtet, sie wolle eine neue Weltordnung schaffen. Anhänger der Theorie beziehen sich dabei insbesondere auf die im Jahr 2015 von der UNO beschlossenen 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung, auch als Agenda 2030 bekannt. Mit diesen Zielen sowie den 169 Unterzielen sollen weltweit Frieden, Wohlstand und Nachhaltigkeit gestärkt werden.
Falschbehauptungen dazu hat Keystone-SDA bereits in einem früheren Faktencheck widerlegt. Wie eine Rechtswissenschaftlerin der Universitäten Zürich dafür Keystone-SDA mitteilte, ist die «Etablierung einer Weltregierung [durch die UN] [...] rechtlich unzulässig».
Bundesrat: World Economic Forum Annual Meeting 2024 (archiviert)
WEF: Schlussbemerkung zum Jahrestreff 2024, 19.01.2024 (archiviert)
WEF: Blogbeitrag von Ida Auken, 11.11.2016 (archiviert)
WEF: Blogbeitrag von Ida Auken mit Autorenanmerkung, 11.11.2016 (archiviert)
WEF: X-Post mit Verlinkung zum Blogbeitrag, 15.12.2016 (archiviert)
WEF: Facebook-Post mit Video zu den 8 Szenarien, 18.11.2016 (archiviert, Video archiviert)
WEF: Global Future Councils (archiviert)
WEF: Zitate vom Jahrestreffen des Global Future Councils in Dubai, 14.11.2016 (archiviert)
WEF: 8 Vorhersagen für eine Welt im Jahr 2030, 12.11.2016 (archiviert)
Gabler Wirtschaftslexikon: Kreislaufwirtschaft (archiviert)
Gabler Wirtschaftslexikon: Sharing Economy (archiviert)
UNO: Agenda 2030 – Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (archiviert)
Reuters: Faktencheck, 25.02.2021 (archiviert)
AFP: Faktencheck, 01.07.2020 (archiviert)
Keystone-SDA: 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, 11.01.2024
Kontakt Faktencheck-Team: factchecking@keystone-sda.ch