14.02.2023 | In eigener Sache

Gastkommentar: Sicherung der journalistischen Grundversorgung

Hanspeter Kellermüller, CEO von Keystone-SDA, nimmt in einem Gastbeitrag für die NZZ Stellung.


Foto: KEYSTONE / Gaëtan Bally
Foto: KEYSTONE / Gaëtan Bally

 


Medienangebote sollten primär privatwirtschaftlich finanziert sein. Doch die Rahmenbedingungen müssen stimmen, um in einem kleinräumigen und mehrsprachigen Markt wie der Schweiz eine umfassende journalistische Abdeckung zu garantieren.

Die Schweiz – schon bald ein Land der Nachrichtenwüsten? In einem Leitartikel vom 18. Januar beschreibt die NZZ das staatspolitische Problem, welches sich aus dem Abbau im Lokal- und Regionaljournalismus ergibt. Tatsächlich steht der Journalismus unter Druck. Mit der Abwanderung der Werbeeinnahmen zu den digitalen Plattformen hat sich das wirtschaftliche Umfeld für Medienunternehmen verschlechtert. Das bedeutet nicht nur für die Medienbranche eine Herausforderung, sondern auch für den Staat.

Staat und Markt

Die Schweiz mit ihrer föderalen und direktdemokratischen Struktur ist darauf angewiesen, dass die Bürgerinnen und Bürger auf allen Ebenen verlässliche Informationen erhalten, um sich eine eigene Meinung zu bilden und am politischen Prozess partizipieren zu können.

Natürlich sind heute Informationen viel einfacher verfügbar als je zuvor. Nur: Der Zugang zu Informationen (etwa auf den Webseiten von Behörden) ist nicht dasselbe wie eine kritische journalistische Aufarbeitung durch unabhängige Redaktionen.

Es ist daher richtig, dass sich die Politik Gedanken zu den Rahmenbedingungen hiesiger Medien macht und darüber, wie der Journalismus in der Schweiz gestärkt werden kann. Die NZZ steht einer staatlichen Medienförderung grundsätzlich skeptisch gegenüber und verweist in ihrem Kommentar auf zukunftsweisende unternehmerische Initiativen. Es sollte in der Tat das Ziel sein, dass sich Medienangebote primär privatwirtschaftlich finanzieren. Publizistische Produkte sollen sich am Markt bewähren und so ihr Publikum finden.

Aber man darf die Augen nicht vor den wirtschaftlichen Realitäten verschliessen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, wie schwierig es in einem kleinräumigen und mehrsprachigen Markt wie der Schweiz geworden ist, eine umfassende journalistische Abdeckung zu finanzieren.

Das vor zwei Jahren abgelehnte Medienpaket war möglicherweise thematisch überladen – einige Grundgedanken hinter der Vorlage waren indes richtig: Es braucht gute Rahmenbedingungen und gezielte Unterstützung für den Journalismus. Dabei darf es nicht um eine stärkere staatliche Vereinnahmung des Medienangebots gehen – die Unabhängigkeit der Medien und ihre publizistische Vielfalt sind unbedingt zu wahren.

Bedeutung von Nachrichtenagenturen

Dafür gibt es vielversprechende Ansätze, etwa mit der parlamentarischen Initiative von Ständerätin Isabelle Chassot, die derzeit in der Ausarbeitung ist. Die Initiative setzt nicht auf eine direkte Medienförderung, sondern auf indirekte Massnahmen namentlich im Bereich der journalistischen Ausbildung oder zur Unterstützung nationaler Nachrichtenagenturen. Damit anerkennt die Initiative die zentrale Bedeutung von Nachrichtenagenturen für die journalistische Grundversorgung.

In der Schweiz bildet Keystone-SDA das Fundament für die mediale Versorgung in sämtlichen Landesteilen. Die Agentur beliefert eine Vielzahl von Medien mit Nachrichten und journalistischen Inhalten in drei Landessprachen und für sämtliche Formate von Print über Online bis zu Radio und Fernsehen.

Gerade im Bereich der regionalen Abdeckung kommt den Leistungen der Agentur grosses Gewicht zu. Aber auch dieses Angebot steht finanziell unter Druck. Es ist nicht möglich, eine solche journalistische Basisinfrastruktur in drei Sprachen in der gewünschten Breite und Tiefe ohne zusätzliche öffentliche Unterstützung aufrechtzuerhalten. Hier anzusetzen, erscheint daher als sinnvolles Konzept einer zukunftsgerichteten Medienförderung – sie fokussiert auf staatspolitisch relevante Inhalte, erfolgt indirekt sowie technologieneutral und kommt einer Vielzahl von Medien zugute.

Will man künftige Nachrichtenwüsten in der Schweiz verhindern, so ebnet diese Initiative den Weg, um den Journalismus in der Schweiz zu stärken und damit die im NZZ-Kommentar erwähnte «Nährstoffzufuhr» für die Demokratie zu ermöglichen.



Den Gastkommentar «Sicherung der journalistischen Grundversorgung», publiziert in der NZZ Ausgabe vom 14. Februar 2024, finden Sie hier.