18.10.2023 | Faktencheck

Aus dem Zusammenhang gerissen

Falschbehauptungen entstehen unter anderem, indem ein Auszug aus einem authentischen Medium entnommen wird, ohne jedoch den Kontext wiederzugeben. Obwohl das ursprünglich Gesagte oder Geschriebene nicht verändert, aber selektiv wiedergegeben wird, kann ohne den vollständigen Kontext eine ganz andere Bedeutung resultieren, was zu einer Falschinformation führt. Derartige Falschinformation kursieren zu Hauf in den sozialen Medien, teilweise auch über die Jahre hinweg. 


Der Meteorologe Jürg Kachelmann in einem Interview im Jahr 2018. Foto: Keystone-SDA/dpa/Sebastian Willnow
Der Meteorologe Jürg Kachelmann in einem Interview im Jahr 2018. Foto: Keystone-SDA/dpa/Sebastian Willnow
Behauptung

Bezeichnet der prominente Meteorologe Jörg Kachelmann den Klimawandel als Lüge? Ein Screenshot eines älteren Tweets wird immer wieder geteilt, der genau dies belegen soll. Kachelmann schreibt darin: «Die globale Hitzewelle weltweit und gleichzeitig ist eine Lüge». Der Screenshot ist mit einem Kommentar versehen, wonach Kachelmann mit seinem Post die «grüne Weltuntergangslüge» zerstöre. 

Beurteilung

Der Beitrag von Kachelmann wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Der Tweet von 2018 ist zwar echt, Kachelmann bezieht sich darin jedoch auf die damalige Hitzewelle und nicht auf die Erwärmung des Klimas im Ganzen. 

Sachlage

Im Sommer 2018 gab es in Deutschland eine ausgeprägte Hitzewelle. Der Meteorologe Jörg Kachelmann äusserte sich zur Berichterstattung dazu am 30. Juli auf Twitter folgendermassen: «Die globale Hitzewelle weltweit und gleichzeitig ist eine Lüge. Nimmt man die momentanen Temperaturen der gesamten Nordhemisphäre und vergleicht man [sie] mit der Referenzperiode 2000-2017, ist die durchschnittliche Abweichung über alles genau (Tusch) 0,0 Grad.» 


Damit wollte er klarstellen, dass die damalige Hitzewelle regional beschränkt ist und es sich nicht um eine globale Hitzewelle handelt. Dies legt er in einem X-Post (vormals Twitter) vom 2. Oktober 2021 selbst dar. In diesem Post erklärt er auch, dass er seinen Post vom 30. Juli 2018 gelöscht habe, da er «ohne den Bezug missbräuchlich umgedichtet werden kann.» 


Zum gelöschten Tweet veröffentlichten bereits mehrere Organisationen im deutschsprachigen Raum einen Faktencheck. Ein neuerer Screenshot kursiert nun erneut in den sozialen Netzwerken als Sharepic. Darauf ist kein Datum zu sehen, weshalb nicht ersichtlich ist, dass der Originalpost aus dem Jahr 2018 stammt.


Die Schlussfolgerung, Kachelmann habe den Klimawandel geleugnet, ist falsch. Kachelmann verweist dazu selbst auf ein Interview im Tagesanzeiger vom 16. Juli 2021. In diesem Interview sagt er: «Der menschgemachte Klimawandel ist eine Tatsache, das zeigen die steigenden Temperaturen, das Schmelzen der Gletscher und sämtliche wissenschaftliche Erkenntnisse.»