09.08.2023 | Faktencheck

Rentner sind gegenüber Asylsuchenden bessergestellt

Das heutige Sozialsystem hat eine lange Geschichte, beginnend in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Soziale Sicherheit ist in der Schweiz vielfältig, welche der Schweizer Bevölkerung «Schutz vor Risiken bietet, deren finanzielle Folgen sie nicht allein bewältigen können.» Dazu gehört auch das System der Altersversicherung.


Frauen demonstrieren am 1. Oktober 2022 in Lausanne gegen das AHV-Alter 65 für Frauen. Foto: Keystone-SDA, Jean-Christophe Bott
Frauen demonstrieren am 1. Oktober 2022 in Lausanne gegen das AHV-Alter 65 für Frauen. Foto: Keystone-SDA, Jean-Christophe Bott
Behauptung

In einem Sharepic wird behauptet, Rentnerinnen und Rentner, welche 45 Jahre in der Schweiz gearbeitet hätten, würden weniger Geld als «Asylanten» erhalten. Stimmt das?

Beurteilung

Asylsuchende erhalten in der Schweiz mit der Asylsozialhilfe deutlich weniger finanzielle Unterstützung als anerkannte Flüchtlinge, welche Anspruch auch Sozialhilfeleistungen wie Einheimische haben. Im Vergleich dazu sind Rentnerinnen und Rentner deutlich besser abgesichert.

Sachlage

Die Altersvorsorge in der Schweiz basiert auf einem Dreisäulensystem: der staatlichen, der beruflichen sowie der privaten Vorsorge. Wie hoch die Rentenbeiträge ausfallen, ist individuell und hängt von mehreren Faktoren ab.


Bei der Ersten Säule (ab Seite 16) – der staatlichen Vorsorge – handelt es sich um die für sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz obligatorischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV). Die AHV-Beiträge sind per Gesetz vorgeschrieben, die Höhe der AHV-Rente hängt vom durchschnittlichen Jahreseinkommen sowie von der Anzahl der Beitragsjahre ab.


Um den vollständigen AHV-Betrag zu erhalten, müssen nach Vollendung des 20. Altersjahres für mindestens 44 Jahre die geforderten Minimalbeträge einbezahlt worden sein. Bei Beitragslücken werden die Renten gekürzt, und die versicherte Person hat lediglich Anspruch auf eine Teilrente. Um überhaupt Anspruch auf eine AHV-Rente zu haben, müssen mindestens 12 Monate lang AHV-Beiträge bezahlt worden sein.


Die Zweite Säule (ab Seite 23) ist die für die meisten Erwerbstätigen obligatorische berufliche Vorsorge (BV). Die Beiträge werden in die Pensionskasse des jeweiligen Arbeitgebers bezahlt, sofern der Arbeitnehmende mindestens 22’050 Franken pro Jahr verdient. Im Rentenalter kommen den Rentnerinnen und Rentnern neben den AHV-Beiträgen auch Pensionskassengelder zugute. Die Gelder der Pensionskasse variieren und hängen vom Einkommen ab.


Ergänzend ist die Dritte Säule (Seite 14), die freiwillige, steuerlich begünstigte Selbstvorsorge für Erwerbstätige. Während der Erwerbszeit können jährlich staatlich vorgeschriebene Maximalbeiträge auf Bankkonten oder in eine Lebensversicherungspolice einbezahlt werden. Im Rentenalter stehen diese Gelder dann zur freien Verfügung.


Die monatliche AHV-Rente beläuft sich seit Januar 2023 auf minimal 1’225 Franken und maximal 2’450 Franken für eine Einzelperson, bei einem Ehepaar auf maximal 3’675 Franken. Hinzu kommen die individuellen Zahlungen der Zweiten und Dritten Säule.


Reichen die Renteneinkommen nicht zur Existenzsicherung aus, decken Ergänzungsleistungen (EL) den restlichen Lebensbedarf. Seit Januar 2023 beträgt der EL-Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf für alleinstehende Personen 20’100 Franken pro Jahr.

 

Unterstützung für Flüchtlinge hängt vom Status ab

 

Je nach Aufenthaltsstatus haben Flüchtlinge andere Rechte und entsprechend auch andere Ansprüche auf finanzielle Unterstützungsleistungen. Zudem sind für die Sozialhilfe die Kantone zuständig, entsprechend fallen die Unterstützungsleistungen für bedürftige Asylsuchende von Kanton zu Kanton unterschiedlich aus. Einige Kantone haben die Zuständigkeiten auch den Kommunen übertragen.


Das Asylgesetz (AsylG) Artikel 82, Absatz 3 schreibt vor, dass den Asylsuchenden und den Schutzbedürftigen «Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten» sei. Der Ansatz für die Unterstützung habe «unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung» zu liegen.


Asylsuchende (Ausweis N), vorläufig aufgenommene Ausländer (Ausweis F) und Schutzbedürftige (Ausweis S) erhalten Asylsozialhilfe, eine reduzierte Sozialhilfeleistung. Bei einer Einzelperson beträgt dies zwischen 295 und 815 Franken pro Monat. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) stellte fest, dass verglichen mit dem SKOS-Grundbedarf der Asylsozialhilfebeitrag für eine Einzelperson um 19 bis 71 Prozent niedriger sei als die SKOS-Ansätze für die einheimische Bevölkerung.


Anerkannte oder vorläufig aufgenommene Flüchtlinge hingegen haben Anspruch auf dieselbe Sozialhilfe wie die einheimische Bevölkerung. Dies beläuft sich gemäss dem SKOS-Grundbedarf bei einer Einzelperson auf 1’031 Schweizer Franken pro Monat. Dabei handelt es sich allerdings um eine Empfehlung der SKOS. Um Rechtsgleichheit über die Kantonsgrenzen hinweg zu schaffen, erstellt die SKOS-Richtlinien zur Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe. In der Praxis variieren die Sozialhilfebeiträge entsprechend.


Abgewiesene Asylsuchende erhalten jedoch nur Nothilfe, welche in einigen Kantonen als Sachleistungen erbracht wird. Werden Geldleistungen erbracht, beträgt dies etwa acht bis zwölf Franken pro Tag. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) haben die Unterstützungsleistungen der einzelnen Kantone zusammengestellt.