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null Betrüger werben mit Bundesräte für Kryptowährung

20.10.2021 | Faktencheck

Betrüger werben mit Bundesräte für Kryptowährung

Die Schweiz zählt zu den führenden Standorten in der Blockchain-Technologie. Dabei handelt es sich um eine zukunftsträchtige Technologie und die Basis von Kryptowährungen. Der Handel damit ist insbesondere während der Covid-19-Pandemie gewachsen. Die bekannteste und markenstärkste virtuelle Währung ist Bitcoin


Virtuelles Geld: Münzen der virtuellen Währung Bitcoin, aufgenommen am 10. Januar 2014 an der ETH in Zürich, Schweiz. Foto: Keystone-SDA / Ennio Leanza
Virtuelles Geld: Münzen der virtuellen Währung Bitcoin, aufgenommen am 10. Januar 2014 an der ETH in Zürich, Schweiz. Foto: Keystone-SDA / Ennio Leanza
Behauptung

Die Bundesräte Alain Berset und Ueli Maurer sollen angeblich ihre Bitcoin-Gewinne offengelegt haben. In verschiedenen Interview-Settings sollen beide von ihren Investitionen in die Kryptowährung berichtet und die Bevölkerung ebenfalls dazu ermutigt haben. Dies geht aus zwei Artikeln hervor, die aktuell im Netz kursieren. Eine Kapital-Gesetzeslücke ermögliche den Millionen-Gewinn, lautete jeweils die Begründung. Berset soll sich dem Artikel zufolge in einem Interview in der Nachrichtensendung «10 vor 10» gegenüber der SRF-Journalistin Daniela Lager in diesem Sinn geäussert haben. Maurer habe von seinen Investitionen in einem Interview mit SRF-Moderatorin Barbara Lüthi in der Sendung «Club» erzählt, wird in einem anderen Artikel behauptet.

Beurteilung

Weder Alain Berset noch Ueli Maurer haben sich je in diesem Sinn zu Kryptowährungen geäussert. Die Mediensprecher beider Bundesräte dementierten vergleichbare Aufforderungen zu Investitionen in Kryptowährungen. Schweizer Radio und Fernsehen SRF wies die angeblichen Interviews ebenfalls zurück. Es liege ein Missbrauch des SRG-Layouts vor.

Sachlage

Alain Bersets Pressesprecher Peter Lauener teilte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA im September mit, dass die angeblichen Aussagen nicht vom Bundesrat stammen. Peter Minder dementierte Statements von Ueli Maurer ebenfalls. Der Pressesprecher des Bundesrates schrieb auf Anfrage Mitte Oktober, die Anzeigen seien gänzlich erfunden.  

 

«Den besagten Inhalt hat es in dieser Form nie gegeben», dementiert auch Andrea Di Meo von SRF die angeblichen Interviews. Seit mehreren Monaten würden Layouts und Sendeformate von SRF missbraucht und für dubiose Zwecke verwendet, führte der Mediensprechen aus.

 

Beim Betrachten der beiden gefälschten Interviews fallen die missbräuchliche Verwendung des SRF-Logos sowie andere Besonderheiten auf:

 

Auf der Seite mit dem angeblichen Berset-Interview wird das Logo «SF info» verwendet. Dabei handelt es sich  allerdings um das veraltete Logo des Fernsehprogramms. Der aktuelle Logo-Name lautet «SRF info». Auch die URL ist nicht diejenige von Schweizer Radio und Fernsehen. Zudem funktionieren die im Logo und den Rubriken hinterlegten Links auf der Seite nicht.

 

Ähnlich verhält es sich beim Artikel mit den angeblichen Statements von Ueli Maurer. Die Fake-Seite verwendet eine andere Schriftart für das SRF-Logo. Die URL ist ebenfalls nicht diejenige von SRF, und die hinter den Rubriknamen hinterlegten Links führen auf eine Bitcoin-Plattform.

 

Weitere Auffälligkeiten zeigen sich in den Artikeln: Obwohl in den Texten jeweils ein anderes Interview-Setting beschrieben ist, sind die Inhalte der angeblichen Aussagen von Berset und Maurer identisch. Auch die Beschreibung und Erzählungen der Bitcoin-Plattform sind dieselben. Der Fake-Artikel über Maurer ist wahrscheinlich später erschienen. Obwohl angeblich Lüthi Maurer interviewt habe, erscheint Daniela Lager im Text. Zudem haben Medien über die erfundenen Aussagen von Berset in einer anderen Aufmachung bereits im September berichtet. Die Medien haben erst im Oktober von der Falschmeldung über Maurer berichtet. 

 

Die gefälschten Interviews sind in unterschiedlichem Layout im Netz zu finden. Auch hier stimmt die URL nicht mit der des Medienhauses überein, welches den Artikel angeblich publiziert haben soll. Die Links der Rubriken führen ebenfalls nicht zu weiteren News- oder Sportmeldungen. Zudem sind Schreibfehler im Text zu finden. 

 

Die Betrugsmasche ist nicht neu, und die Bundesräte sind nicht die einzigen prominenten Opfer. Auch Roger Federer ist betroffen, ferner Prominente aus Deutschland und Österreich. SRF warnte bereits im Jahr 2019 vor solchen Interviews mit Prominenten. Auch SRF-Journalist Arthur Honegger hat sich erst kürzlich via Twitter davon distanziert.

 

Ähnliche gefälschte Anzeigen mit Bundesrat Maurer und weiteren Personen erschienen auch im Jahr 2020. Der Rechtsdienst des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) «hat zum Thema Bitcoin Code bereits am 18. Mai 2020 eine Strafanzeige wegen (versuchten) Betrugs an die Bundesanwaltschaft eingereicht», schrieb Minder. Die aktuell vorliegenden Fälle wurden als Ergänzung zur bestehenden Strafanzeige nach Artikel 146 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs der Bundesanwaltschaft zugestellt.  

 

Die Bundesanwaltschaft sistierte jedoch das Verfahren im Oktober 2020 nach Artikel 314 Abschnitt 1 der Strafprozessordnung. Dies teilte Linda von Burg von der Bundesanwaltschaft der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schriftlich mit. «Trotz den eingeleiteten Ermittlungen lagen keine Angaben zur Täterschaft vor, welche deren Identifizierung erlaubt hätten», begründete die Kommunikationsspezialistin die Sistierung. 

 

Die Schweizer Behörden strebte schon einige Zeit eine international führende Rolle in der Blockchain-Technologie an. Der Kanton Zug hat sich mit dem «Crypto Valley» als führender Standort der Schweiz etabliert. Die Stadt Zug lancierte im Jahr 2016 ein Pilotprojekt und akzeptierte als erste staatliche Behörde weltweit eine Kryptowährung. Auch nach dem Projektende ist das virtuelle Zahlungsmittel akzeptiert. Der Kanton Zug folgte dieser Vorreiterrolle und akzeptiert als erster Schweizer Kanton seit Beginn 2021 Kryptowährungen zur Steuerschuldenbegleichung. Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, werden die Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene laufend verbessert.

Quelle

Artikel mit gefälschtem Interview von Berset im SRF-Layout: 

http://www.ch.leadcryp.com/

(archiviert: https://archive.ph/rv0pS

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview von Berset im Blick-Layout (archiviert): 

https://web.archive.org/web/20211018123244/https://motiest.com/

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview von Maurer im SRF-Layout: 

https://valiour.com/ch/ueli/

(archiviert: https://archive.ph/kOUSE

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview von Maurer als Blog-Artikel: 

https://insidebitcoin.info/2021/03/08/ueli-maurer-bitcoin-era-erfahrung-betrug-oder-echt/

(archiviert: https://archive.ph/AInI4)

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview von Federer: 

https://monktoncadel.website/?sub1

(archiviert: https://archive.ph/we0BW)

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview mit Logo von ZDF (archiviert): 

https://archive.ph/zqEWk

 

 

Artikel mit gefälschtem Interview mit Logo von Kronen Zeitung (archiviert): 

https://archive.md/XhYR2

 

 

SRF: Fernsehprogramme: 

https://www.srf.ch/unternehmen/publizistisches-angebot/fernsehprogramme/srf-1-srf-zwei-srf-info-fernsehprogramme

(archiviert: https://archive.ph/9C0Ab

 

 

SRF: Bitcoin-Betrüger locken mit gefälschten Promi-Interviews, 24.06.2019: 

https://www.srf.ch/news/schweiz/vorschuss-betrug-bitcoin-betrueger-locken-mit-gefaelschten-promi-interviews

(archiviert: https://archive.ph/Z2bdt

 

 

Tweet Arthur Honegger, 24.09.2021: 

https://twitter.com/honegger/status/1441285281357996040

(archiviert: https://archive.ph/rMX08

 

 

Blick: Warnung vor gefälschtem Interview mit Berset, 13.09.2021: 

https://www.blick.ch/fr/news/suisse/sur-un-faux-site-lematin-ch-limage-dalain-berset-est-utilisee-dans-une-arnaque-financiere-id16828459.html

(archiviert: https://archive.ph/MBg4n

 

 

AZ: Betrugsmasche mit Fake-Werbung von Ueli Maurer, 11.10.2021: 

https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/cryptowaehrungen-betruegerische-masche-ueli-maurer-geht-juristisch-gegen-fake-werbungen-fuer-bitcoin-vor-ld.2200338

(archiviert: https://archive.ph/P5ay9

 

 

StGB: Artikel 146 Betrug: 

https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_146

(archiviert: https://archive.ph/222oZ

 

 

StPO: Artikel 314: Sistierung: 

https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2010/267/de#art_314

(archiviert: https://archive.ph/IqELq

 

 

SIF: Blockchcain / DLT: 

https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/finanzmarktpolitik/digit_finanzsektor/blockchain.html

(archiviert: https://archive.ph/mUpIP

 

 

SIF: Digitalisierung des Finanzsektors: 

https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/finanzmarktpolitik/digit_finanzsektor.html

(archiviert: https://archive.ph/YHqfX

 

 

EFD: Blockchain: 

https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/digitalisierung/blockchain.html

(archiviert: https://archive.ph/edNYZ

 

 

WBF: Handel mit Kryptowährung während der Pandemie, 01.09.2021:

https://www.kmu.admin.ch/kmu/de/home/aktuell/interviews/2021/in-zukunft-werden-alle-vermoegenswerte-digital-abgebildet.html

(archiviert: https://archive.ph/Tz190)  

 

 

WBF: Rede von Johann Schneider-Ammann, 26.04.2018: 

https://www.admin.ch/gov/en/start/documentation/media-releases.msg-id-70571.html

(archiviert: https://archive.ph/siUph)  

 

 

Bundesrat: Medienmitteilung DLT-Gesetz, 18.06.2021: 

https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/dokumentation/medienmitteilungen/medienmitteilungen.msg-id-84035.html

(archiviert: https://archive.ph/tLJEo

 

 

IG Bank: Markenstärke der Krypowährungen, 05.02.2021: 

https://www.ig.com/ch/nachrichten-und-trading-ideen/die-top-10-kryptowaehrungen-zum-traden-im-jahr-2021-210201

(archiviert: https://archive.ph/wcg2L

 

 

Stadt Zug: Projektstart Kryptowährung als Zahlungsmittel, 01.07.2016: 

https://www.stadtzug.ch/newsarchiv/329110

(archiviert: https://archive.ph/GMK8K

 

 

Stadt Zug: Kryptowährung als Zahlungsmittel, 15.12.2016: 

https://www.stadtzug.ch/newsarchiv/351680

(archiviert: https://archive.ph/H7qog

 

 

Kanton Zug: Steuerschuldenbegleichung via Kryptowährung, 03.09.2020: 

https://www.zg.ch/behoerden/finanzdirektion/direktionssekretariat/aktuell/kanton-zug-akzeptiert-ab-2021-kryptowaehrungen-fuer-steuerzahlungen

(archiviert: https://archive.ph/8NpOj

 

 

NZZ: Bericht über Pionierprojekt der Stadt Zug, 10.05.2016: 

https://www.nzz.ch/schweiz/crypto-valley-zukunftsmodell-oder-marketing-gag-ld.22911

(archiviert: https://archive.ph/sjnYg

 

 

 

 

Kontakt Faktencheck-Team: factchecking@keystone-sda.ch