19.06.2024 | Faktencheck

Sozialhilfe ist klar geregelt

Etwa 27 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz waren im Jahr 2023 ausländische Staatsangehörige. Die Mehrheit davon stammt aus dem EU/EFTA-Raum. Die Migration hat verschiedene Gründe, wie etwa wirtschaftliche, soziale, politische, kulturelle oder klimatische. Die meisten Einwanderungsgründe in die Schweiz waren im Jahr 2022 mit 41 Prozent familiär bedingt, in 37 Prozent waren es berufliche Gründe. Asyl wird nur gerade von 6 Prozent als Einwanderungsgrund angegeben. In der Schweiz lebende oder arbeitende Menschen werden von  Sozialversicherungen vor diversen Risiken geschützt. Doch wer hat Anspruch auf wieviel staatliche Unterstützungsleistungen?


In wirtschaftlichen Notlagen erhalten auch Schweizer und Schweizerinnen Sozialhilfe: Menschen im Gespräch an einem Schalter des Sozialzentrums Albisriederhaus in Zürich, aufgenommen am 31. März 2016.  Foto: Keystone-SDA/Christian Beutler
In wirtschaftlichen Notlagen erhalten auch Schweizer und Schweizerinnen Sozialhilfe: Menschen im Gespräch an einem Schalter des Sozialzentrums Albisriederhaus in Zürich, aufgenommen am 31. März 2016. Foto: Keystone-SDA/Christian Beutler
Behauptung

Auf einem Plakat, welches in den Sozialen Medien kursiert, wird behauptet, die Krankenkasse, die Wohnung, der öffentliche Verkehr, das Smartphone sowie die Billag-Gebühren für Radio- und Fernsehen seien umsonst. Die angeblich einzige Bedingung: «Man darf nicht Schweizer sein!» Stimmt das?

Beurteilung

Wer sich längerfristig rechtmässig in der Schweiz aufhält und anspruchsberechtigt ist, erhält in wirtschaftlichen Notlagen Sozialhilfe. Dabei spielt die Nationalität keine Rolle – selbstverständlich haben auch Einheimische Anrecht auf staatliche Unterstützungsleistungen.

Sachlage

Wer zum Leben und Arbeiten in die Schweiz zieht, hat selbst für sich aufzukommen und muss Krankenkasse, Wohnungsmiete, Mobilität, Telekommunikation sowie die jährlich anfallenden obligatorischen Radio- und Fernsehgebühren eigenständig berappen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hat für ausländische Staatsangehörige, die in die Schweiz ziehen wollen, diesbezüglich eine Broschüre publiziert (Download).


Es ist genau geregelt, wie lange sich Personen aus dem EU/EFTA-Raum in der Schweiz aufhalten und wie lang sie maximal nach einer Arbeit suchen dürfen. Dabei wird auch vorausgesetzt, dass die Personen selbstständig für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen. Für Personen ausserhalb des EU/EFTA-Raums gibt es entsprechende Bestimmungen.


Personen, welche in die Schweiz ziehen, habe in der Regel mit höheren Lebenshaltungskosten zu rechnen als in ihrem Heimatland. Auch das SECO informiert über die Schweizer Lebenshaltungskosten. Dazu zählen auch der öffentliche Verkehr, das Wohnen (Download, S. 5) sowie die Kosten für Telekommunikation, die im internationalen Vergleich zu den höchsten zählen.


Zudem hat in der Regel jede in der Schweiz wohnhafte Person bei einer Krankenkasse versichert zu sein. Jede Person, die sich in der Schweiz niederlässt - ob durch Geburt oder Zuzug aus dem Ausland - ist verpflichtet, innerhalb von drei Monaten eine Krankenversicherung abzuschliessen.


Schweizer Haushalte sowie Unternehmen und Kollektivhaushalte sind grundsätzlich verpflichtet, jährliche eine Abgabe für Radio und Fernsehen zu zahlen. Seit 2019 wird diese Abgabe von der Firma Serafe eingezogen - nicht von Billag, welche das Mandat bis Ende 2018 innehatte.


Sozialhilfe für berechtigte Personen in finanziellen Notlagen


Personen, welche sich längerfristig rechtmässig in der Schweiz aufhalten und sich in einer finanziellen Notlage befinden, haben in der Regel Anspruch auf Sozialhilfe. Dazu zählen zusätzlich zu Einheimischen anspruchsberechtigte ausländische Arbeitskräfte, Personen in einem laufendem Asylverfahren mit dem Ausweis N sowie vorläufig aufgenommene Personen mit dem Ausweis F. Da die Sozialhilfe föderal organisiert ist, unterscheiden sich die staatlichen Leistungen.


Mit der Sozialhilfe soll der Grundbedarf einer Person gedeckt werden. Dabei werden Wohnkosten im ortsüblichen Rahmen sowie Kosten für die Krankenkasse von der Sozialhilfe übernommen. Im Grundbedarf enthalten sind zudem auch Ausgabenpositionen wie Mobilität - insbesondere für den örtlichen Nahverkehr, die Telekommunikation sowie Radio und Fernsehen. Sozialhilfeempfänger könne ihre Ausgaben selbst einteilen, deswegen wird der Grundbedarf für den Lebensunterhalt als Pauschalbetrag ausbezahlt.


Je nach individueller Situation, Haushaltsgrösse und Wohnort unterscheidet sich die monatliche Pauschale. Anerkannte oder vorläufig aufgenommene Flüchtlinge haben Anspruch auf dieselbe Sozialhilfe wie die einheimische Bevölkerung.


Wie in einem früheren Faktencheck bereits ausgeführt, erhalten Asylsuchende (Ausweis N), vorläufig aufgenommene Ausländer (Ausweis F) und Schutzbedürftige (Ausweis S) eine reduzierte Sozialhilfeleistung, die Asylsozialhilfe. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) stellte fest, dass der Asylsozialhilfebeitrag für eine Einzelperson im Vergleich zum  SKOS-Grundbedarf um 19 bis 71 Prozent niedriger ost als die Ansätze für die einheimische Bevölkerung.


Personen, die kein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in der Schweiz haben, erhalten keine Sozialhilfe. Dazu zählen auch Personen aus dem Asylbereich mit einer rechtskräftigen Wegweisung. Diese erhalten Nothilfe, welche in der Regel als Sachleistung erbracht wird.