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null Natürliche Weiterentwicklung bringt Mutationen hervor

27.10.2021 | Faktencheck

Natürliche Weiterentwicklung bringt Mutationen hervor

Die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen dienen der Pandemieeindämmung. Diese Bemühungen werden durch die Sars-CoV-2-Mutationen jedoch erschwert. Sie können sich schneller verbreiten oder sich dem menschlichen Immunsystem entziehen. Doch wie entstehen Mutationen überhaupt?


[Symbolbild] Ein Labormitarbeiter bereitet am 15. Juni 2021 im Functional Genomics Center (FGCZ) der Universität und ETH Zürich SARS-CoV2-Proben zur Genomsequenzierung vor. Mithilfe sogenannter Genomic Surveillance (Genomüberwachung) können die verschiedenen Varianten des Coronavirus und deren Auswirkungen ausfindig gemacht werden.  Foto: Keystone-SDA / Christian Beutler
[Symbolbild] Ein Labormitarbeiter bereitet am 15. Juni 2021 im Functional Genomics Center (FGCZ) der Universität und ETH Zürich SARS-CoV2-Proben zur Genomsequenzierung vor. Mithilfe sogenannter Genomic Surveillance (Genomüberwachung) können die verschiedenen Varianten des Coronavirus und deren Auswirkungen ausfindig gemacht werden. Foto: Keystone-SDA / Christian Beutler
Behauptung

Gemäss einer in den sozialen Medien kursierenden Tabelle sind die «Covid-19-Varianten» angeblich geplant. In der Tabelle werden die Mutationen einem bestimmten Start-Datum zugeordnet. Die erste soll angeblich im Juni 2021 aufgetaucht sein, die letzte im Februar 2023. Neben der Tabelle sind die Logos der Johns-Hopkins-Universität, des Weltwirtschaftsforums WEF, der Weltgesundheitsorganisation sowie der Bill & Melinda Gates Foundation aufgeführt. Damit wird suggeriert, die Tabelle stamme von diesen Organisationen. Kommentiert wird die Tabelle mit der Behauptung, dass durch die Impfung ein «Betriebssystem» auf Basis der 5G-Technologie im Körper installiert werde, um den Menschen zu kontrollieren. 

Beurteilung

Virusvarianten entstehen auf natürliche Art beim Weiterentwicklungsprozess der Viren. Dies lässt sich weder beeinflussen noch planen. Es gibt keine Belege dafür, dass eine derartige Tabelle von einer der aufgeführten Organisationen stammt. Zudem belegen wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe. Die 5G-Technologie hat damit nichts zu tun. Die Daten in der Tabelle sowie die Behauptungen sind falsch.

Sachlage

Neue Mutationen und Varianten sind bei Viren wie Sars-CoV-2 nichts Ungewöhnliches. Sie entstehen im Rahmen eines natürlichen Weiterentwicklungsprozesses der Viren. Bei ihrer Replikation verändern sie zufällig ihr Erbgut. Damit passen sich Viren ihrer Umwelt und ihrem Wirt an – dies ist Teil ihrer Evolution

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) überwacht die Veränderungen der Sars-CoV-2-Viren. Je nach Eigenschaften einer Mutation wird diese als Variante von Interesse (Variants of Interest/VOIs), als besorgniserregende Variante (Variants of Concern/VOCs) oder als Variante unter Überwachung (Variants under Monitoring/VUM) deklariert. Das erste Dokumentationsdatum und der Erscheinungsort einer neuen Virusvariante werden dokumentiert. Werden diese Daten mit den Angaben in der Tabelle auf Facebook verglichen, fallen rasch Ungereimtheiten auf:

  • Im Oktober 2020 wurde die Mutation B.1.617 zum ersten Mal in Indien entdeckt. Sie brachte die Delta-Variante, B.1.617.2 hervor. Seit April 2021 beobachtet die WHO B.1.617.2 als Variante von Interesse, seit Mai gilt die Delta-Variante als besorgniserregend. Das stimmt nicht mit der auf Facebook kursierenden Tabelle überein, welche den angeblichen Beginn auf den Juni 2021 datiert.
  • Die Lambda-Variante, welche im Dezember 2020 in Peru zum ersten Mal dokumentiert wurde, wird von der WHO seit Juni 2021 als Variante von Interesse beobachtet. Gemäss Facebook-Tabelle sollte diese angeblich auf Januar 2022 geplant sein – also erst deutlich später in Erscheinung treten. 
  • Auch Eta, Iota, Kappa und Epsilon  – alles Varianten unter Monitoring – wurden wesentlich früher zum ersten Mal dokumentiert und beobachtet, als es die Tabelle auf Facebook suggeriert. Zeta und Theta wurden ebenfalls früher dokumentiert, als behauptet wird.

 

Es lassen sich zudem keine Belege dafür finden, dass eine derartige Tabelle vom WEF, von der WHO, von der Jons Hopkins University oder von der Bill & Melinda Gates Foundation publiziert worden ist.

 

Zum Covid-19-Impfstoff: Mit den in der Schweiz zugelassenen Covid-Impfstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna wird mRNA (Messenger-RNA oder Boten-RNA) injiziert. Dabei handelt es sich um ein kleines Stück eines genetischen Codes. Die Impfung liefert den Bauplan für die Herstellung des Spike-Proteins. Die Herstellung des Oberflächeneiweisses von Sars-CoV-2 selbst geschieht im menschlichen Körper auf natürliche Weise. Daraufhin produziert das menschliche Immunsystem Antikörper. Die Impfung kann keine Covid-19-Infektion verursachen. Die mRNA-Impfstofftechnologie wird seit Jahren erforscht. Es handelt sich dabei nicht um Lebendimpfstoffe, und die menschliche DNA wird nicht verändert.

 

Auch der Covid-Impfstoff von Janssen ist seit März 2021 in der Schweiz zugelassen. Dieser basiert auf einem humanen Adenovirus, welches ebenfalls den Bauplan des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 enthält. 

 

Die Coivd-19-Impfstoffe stehen in keinem Zusammenhang mit den Mobilfunkstandard 5G. Bis jetzt gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der 5G Standard gesundheitliche Auswirkungen haben. 5G hat ähnliche Frequenzen, wie sei bereits heute im Einsatz sind.

 

Die Impfung ist in der Schweiz freiwillig. Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic meldete Mitte Oktober 2021, der Nutzen der eingesetzten Covid-Vakzine übersteige deren Risiko. Ende Oktober genehmigte Swissmedic eine dritte Impfdosis für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen. Die Auffrischungsimpfung betrifft die Covid-19-Impfstoffe der Hersteller Moderna und Pfizer/Biontech. 

Quellen

Facebook-Post: https://www.facebook.com/SuryoyeInsiderBlog/posts/4307954869262936
(archiviert: https://archive.ph/8uGn0

 

Facebook-Post: Kommentar (archiviert): https://archive.ph/hZzwX

 

USZ: Sars-CoV-2: https://www.usz.ch/krankheit/coronavirus-sars-cov-2-und-covid-19/
(archiviert: https://archive.ph/W4wWL

 

NetDoktor: Erläuterungen zum Coronavirus und dessen Mutationen: https://www.netdoktor.ch/krankheiten/covid-19/coronavirus-mutationen/

(archiviert: https://archive.ph/5FwAU

 

BAG: Varianten des neuen Coronavirus: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/krankheit-symptome-behandlung-ursprung.html

(archiviert: https://archive.ph/cjTqo#808019177

 

WHO: Liste der Covid-Varianten und Einordnung in «Variante von Interesse», «besorgniserregende Variante» und «Variante unter Beobachtung», Stand Oktober 2021: https://www.who.int/en/activities/tracking-SARS-CoV-2-variants/

(archiviert: https://web.archive.org/web/20211026135641/https://www.who.int/en/activities/tracking-SARS-CoV-2-variants/

 

WHO: FAQ zu Covid-Impfstoffen: https://www.who.int/news-room/q-a-detail/coronavirus-disease-(covid-19)-vaccines-safety

(archiviert: https://web.archive.org/web/20210825155747/https:/www.who.int/news-room/q-a-detail/coronavirus-disease-%28covid-19%29-vaccines-safety

 

Cov-Lineages: Liste der Sars-CoV-2-Varianten: https://cov-lineages.org/lineage_list.html

(archiviert: https://web.archive.org/web/20211026113702/https://cov-lineages.org/lineage_list.html

 

Deutsches Primatenzentrum (DPZ): Sars-CoV-2-Variante B.1.617: https://www.dpz.eu/de/startseite/einzelansicht/news/sars-cov-2-variante-b1617-macht-es-dem-immunsystem-schwer.html

(archiviert: https://archive.ph/6Yn9V)

 

Infovac: Information zur Covid-Impfung, 29.09.2021: https://www.infovac.ch/docs/public/coronavirus/fiche-vaccination-covid-de.pdf

(archiviert: https://web.archive.org/web/20211026135928/https://www.infovac.ch/docs/public/coronavirus/fiche-vaccination-covid-de.pdf

 

Swissmedic: Erklärvideo mRNA Impfstoff: https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/ueber-uns/publikationen/video/different-types-of-vaccine.html

(archiviert: https://perma.cc/FD8H-HRTC

 

Swissmedic: Medienmitteilung Zulassung des Impfstoffs von Janssen, 22.03.2021: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82783.html

(archiviert: https://archive.ph/XLsCD

 

Swissmedic: Update Risiko-Nutzen-Analyse der Covid-Impfstoffe, 15.10.2021: https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/covid-19-vaccines-safety-update-7.html

(archiviert: https://archive.ph/zdlXp

 

Swissmedic: Genehmigung dritte Covid-Impfung, 26.10.2021: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-85591.html

(archiviert: https://archive.ph/Vaa1D

 

BAG: Information zur Covid-Impfung in der Schweiz, Stand 26.10.2021: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/impfen.html

(archiviert: https://web.archive.org/web/20211026141020/https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/impfen.html

 

ANSES: Daten weisen nicht auf gesundheitliche Beeinträchtigung durch 5G hin, 24.04.2021: https://www.anses.fr/fr/content/5g-pas-de-risques-nouveaux-pour-la-sant%C3%A9-au-vu-des-donn%C3%A9es-disponibles

(archiviert: https://archive.ph/brjNQ)  

 

Swisscom: 5G-Antennen, 08.03.2021: https://www.swisscom.ch/de/about/news/2021/03/08-5g-antennen.html#ms-multipageStep-newsletter

(archiviert: https://archive.ph/eoaQ4

 

 

 

 

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