05.10.2022 | Faktencheck

Stark steigende Strompreise im internationalem Vergleich

Für das Jahr 2023 wird der Strom nochmals teurer. Kündigte der Bund für das Jahr 2022 einen Strompreis von 21.2 Rappen pro Kilowattstunde an, so bezahlen ein typischer Schweizer Haushalt im kommenden Jahr 2023 einen Medianwert von 26.95 Rappen pro Kilowattstunde. Die Preissteigerung beträgt etwa 27 Prozent. Die Tarife unterscheiden sich jedoch von Gemeinde zu Gemeinde und können ganz anders – auch höher – ausfallen.


Die Strompreise steigen im Jahr 2023 im Median um fast 30 Prozent. Foto: Keystone-SDA / Jean-Christophe Bott
Die Strompreise steigen im Jahr 2023 im Median um fast 30 Prozent. Foto: Keystone-SDA / Jean-Christophe Bott
Behauptung

Der russische Angriffskrieg hat die Energiekrise zugespitzt. Nicht nur die Schweiz, sondern ganz Europa ist davon betroffen. Doch hat Deutschland wirklich die weltweit höchsten Strompreise, wie in einer auf Facebook kursierter Grafik zu entnehmen ist?

Beurteilung

Ein weltweiter Vergleich der absoluten Strompreise ist wenig aussagekräftig, da Einkommen und Lebenshaltungskosten sich von Land zu Land unterscheiden. Kaufkraftbereinigt ist der Strompreis gemäss einer Analyse aus dem Jahr 2021 in Ruanda am höchsten. Auch beim absoluten Strompreis liegt Deutschland nicht mehr an der Spitze.

Sachlage

Die Grafik findet sich unter anderem in einem Blogbeitrag vom April 2022, dabei wird als Quelle der Datenbasis «Deutschland Strompreise September 2020 Global Petrol Prices (2020)» ausgewiesen. Auf der verlinkten Seite finden sich jedoch inzwischen aktuellere Daten: Im Dezember 2021 lag Deutschland auf Platz 4. Teurer war der Strom demnach in Dänemark, Bermuda und auf den Kaimaninseln. Schon im Februar 2022 war auf der Seite abzulesen, dass Deutschland nicht mehr Spitzenreiter ist, sondern von Bermuda angeführt wird. 


Ein Vergleich der absoluten Strompreise ist wenig aussagekräftig - und nicht viel mehr als eine Momentaufnahme. Mehrere Faktoren beeinflussen den Strompreis. Dieser ist folglich permanenten Schwankungen unterlegen. In der Schweiz bezahlen Endverbraucher etwa 45 Prozent des gesamten Strompreises für die Netznutzung. Rund 37 Prozent entfallen auf den Energiebezug und etwa 18 Prozent sind staatliche Abgaben, unter anderem für die Förderung von erneuerbaren Energie sowie für den Gewässerschutz. 


Zudem unterscheiden sich Einkommen und Lebenshaltungskosten von Land zu Land, also sagt der absolute Preis für eine Kilowattstunde Strom wenig aus. Denn die Kaufkraft, also das zum Konsum verfügbare Geldvolumen, ist unterschiedlich hoch.


Wird beim Vergleich der Strompreise die Kaufkraft berücksichtigt, ergibt sich eine anderes Bild: Das deutsche Vergleichsportal Verivox hat 2021 eine solche Analyse vorgenommen. «Unter Berücksichtigung der vergleichsweise hohen Kaufkraft liegen die Strompreise in Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 15», resultierte aus der Strompreisanalyse von 145 Ländern. Unter Berücksichtigung der Kaufkraft war der Strom demnach in Ruanda am teuersten, gefolgt von Mali und Burkina Faso.


Im kaufkraftbereinigten Vergleich unter den G-20-Staaten bezahlten die Deutschen Staatsbürger jedoch die höchsten Strompreise. In vielen Staaten mit ähnlich hohem Lebensstandard – so auch in der Schweiz – waren die Strompreise kaufkraftbereinigt deutlich niedriger als in Deutschland.


Während die im Facebook-Post abgebildete Statistik die Angaben von etwa 150 Ländern berücksichtigt, wurden für eine andere Analyse die absoluten Strompreise von 230 Staaten auswertet. Die Daten stammen aus dem Jahr 2021. Demnach zahlen die Bewohner der Salomonen die höchsten Strompreise, gefolgt von der Insel Sankt Helena und Vanuatu.


Schweizer Strompreise für das Jahr 2023


Aufgrund des Krieges in der Ukraine sind die Gaspreise und somit auch die Strompreise stark gestiegen. An den Preiserhöhungen im Grosshandelsmarkt ist auch die Schweiz betroffen, da der Schweizer Strommarkt mit 41 Leitungen sehr eng mit dem europäischen vernetzt ist. Schweizer Stromversorgungsunternehmen kaufen grösstenteils Strom am Grosshandelsmarkt ein und wälzen die höheren Beschaffungskosten an die Kunden ab.