10.05.2023 | Faktencheck

Phishing über angebliche Kindesentführung

Die Schweiz hat letztes Jahr 120 neue Fälle von internationaler Kindesentführungen eröffnet. Über das Haager Kindesentführungs- und das Europäische Sorgerechtübereinkommen ist die Schweiz mit 94, beziehungsweise mit 37 Staaten, vertraglich verbunden, das durch eine Entführung verletzte Sorgerecht wieder herzustellen und die Ausübung des Besuchsrechts zu gewährleisten.


Mit erfundenen Geschichten versuchen Kriminelle, Nutzerdaten zu erbeuten (Symbolbild). Foto: Keystone-SDA / epa / Sascha Steinbach
Mit erfundenen Geschichten versuchen Kriminelle, Nutzerdaten zu erbeuten (Symbolbild). Foto: Keystone-SDA / epa / Sascha Steinbach
Behauptung

Nun soll sich eine Kindesentführung in Unterseen bei Interlaken ereignet haben. Gemäss einer Meldung auf Facebook bittet die Polizei um Hilfe bei der Fahndung nach einem Mädchen mit dem Namen Mila. Stimmt das?

Beurteilung

Die Polizei kennt diesen Fall nicht. Es handelt sich um eine betrügerische Meldung, welche auf die Erbeutung von Nutzerdaten abzielt. Dasselbe Bild und dieselbe Story wurden bereits im Jahr 2020 für einen Phishing-Betrug in England verwendet.

Sachlage

Ein derartiger Fall sei der Kantonspolizei Bern nicht bekannt, sagt die Mediensprecherin Lena Zurbuchen auf Anfrage von Keystone-SDA. Die Mediensprecherin warnt vor derartigen suspekten Meldungen, es könne sich um einen Phishing-Betrug handeln, um Nutzerdaten zu erlangen.


Es gibt mehrere Hinweise, dass die Meldung der angeblich entführten Mila in Unterseen nicht seriös ist. Polizeilichen Fahndungen werden über offizielle Kanäle ausgespielt, wie Zurbuchen mitteilt. Doch der Facebook-Post verlinkt nicht auf die offizielle Behördenstelle.


Wird der Link angewählt, wird auf eine Seite mit dem Titel «Aktuelle Nachrichten» weitergeleitet, welche Facebook sehr ähnlich sieht. Doch die Reiter funktionieren nicht, und es können keine Kommentare abgesetzt werden. Auch ein Blick in die URL verrät, dass es sich um keine Facebook-Seite handelt.


Auch wird nun über die vermeintliche Entführung einer zehnjährigen Emma berichtet – nicht einer Mila aus Unterseen. Um den Content ansehen zu können, wird man zur Bestätigung seines Alters aufgefordert, worauf sich ein Fenster öffnet mit der Aufforderung, die Facebook-Login Daten einzugeben.


Die Schweizer Behörden warnen vor derartigen Phishing-Betrugsmaschen, welche auf die Preisgabe von persönlichen Daten wie Zugangsdaten oder auch Kreditdaten abzielen.


In den sozialen Medien kursieren immer wieder Berichte über angebliche Kindesentführungen, wobei deren Namen sowie Region variieren. So wird auch der vermeintlich Fall Mila diversen Ortschaften in den deutschsprachigen Ländern zugeordnet. Das Bild des Mädchens ist zudem nicht neu und kursierte bereits im Sommer 2020 in England, wie das Grantham-Journal berichtete. Auch in diesem Fall handelte es sich um einen Phishing-Betrug.