17.05.2023 | Faktencheck

Forscher halten Laborfleisch für unbedenklich

Die Sensibilisierung auf den Klimawandel sowie der Trend zu weniger Fleischkonsum hat die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten in den letzten Jahren steigen lassen. Schweizer Detailhändler konnten den Umsatz mit Fleischersatzprodukten seit 2016 markant steigern. Die Forschung nach nicht-pflanzenbasierten Fleischersatzprodukten – also nach Fleisch, welches im Labor künstlich hergestellt wird – läuft weiterhin.


In einer Petrischale im Labor von Mirai Foods in Wädenswil schwimmen am 17. Dezember 2021 winzige Stückchen frisches Rindfleisch. Eine Zellbiologin gewinnt daraus Stammzellen. Das Biotech-Startup Mirai Foods wurde 2019 gegründet mit der Mission, den Übergang zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktions-Zukunft mit der Entwicklung und Vermarktung von kultiviertem Fleisch zu erreichen. Foto: Keystone-SDA / Gaëtan Bally
In einer Petrischale im Labor von Mirai Foods in Wädenswil schwimmen am 17. Dezember 2021 winzige Stückchen frisches Rindfleisch. Eine Zellbiologin gewinnt daraus Stammzellen. Das Biotech-Startup Mirai Foods wurde 2019 gegründet mit der Mission, den Übergang zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktions-Zukunft mit der Entwicklung und Vermarktung von kultiviertem Fleisch zu erreichen. Foto: Keystone-SDA / Gaëtan Bally
Behauptung

An der Herstellung von im Labor erstelltem Fleisch wird noch gefeilt. Gefährdet kultiviertes Fleisch die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten? In einem Artikel wird behauptet, dass eine Studie nachweise, dass «das Laborfleisch von Bill Gates» Krebs verursache. Stimmt das? 

Beurteilung

Es gibt keine Belege, dass im Labor hergestelltes Fleisch krebserregend ist. Im Gegenteil: Wissenschaftlicher halten das für nahezu ausgeschlossen.

Sachlage

Der Artikel mit der Falschinformation ist eine deutschsprachige Übersetzung eines englischsprachigen Textes. Dieser wiederum basiert auf einem Artikel des Portals «The National Pulse». Dessen Autor vertritt die These, im Labor hergestelltes Fleisch sei krebserregend.


Dabei bezieht er sich auf einen Beitrag des US-Wirtschaftsmediums Bloomberg. Doch bereits im Teaser des Bloomberg-Artikels steht das Gegenteil: Führende Wissenschaftler seien sich einig, dass Laborfleisch keine Krebserkrankung verursache. Da die Forschung zur künstlichen Erstellung von Essfleisch eher neu ist, könne die Industrie jedoch nicht auf eine jahrelange Datenbasis zurückgreifen, um gesundheitliche Bedenken vollständig zu zerstreuen.


Laut Bloomberg sagen führende Krebsforscher, dass es praktisch ausgeschlossen sei, dass Konsumentinnen und Konsumenten durch Laborfleisch Krebs bekommen würden. Es sei nahezu ausgeschlossen, dass Zellen einer Art im Gewebe einer anderen Art Fuss fassen können, sagte der Biologe Robert Weinberg gegenüber Bloomberg. Etliche Wissenschaftler sind der Auffassung, dass das menschliche Verdauungssystem im Falle des Verzehrs von tierischen Krebszellen diese abbauen würde.


Gibt es in der Schweiz schon Laborfleisch zu kaufen?


Für die Produktion von kultiviertem Fleisch werden Stammzellen der Tiere benötigt, anschliessend wird das Fleisch in einer sterilen Umgebung synthetisch «gezüchtet», wie aus einem Bericht des Bundes von 2021 hervorgeht (Download, Seite 7). Inwiefern mit im Labor kultiviertes Fleisch Treibhausgas-Emissionen eingespart werden kann, bleibt abzuwarten. Denn der Energiebedarf für die Produktion ist sehr hoch (Download, Seite 19).


Dem Bericht des Bundes ist zu entnehmen, dass noch kein Produkt aus kultiviertem Fleisch die Marktreife erlangt habe und in der Schweiz etabliert ist. Der Detailhändler Migros vermutete im Februar 2022, dass noch etwa fünf Jahre verstreichen werden, bis es solches Fleisch in der Schweiz zu kaufen gibt. Die Technologie sei aktuell noch zu teuer. Eine weitere Herausforderung dürften die regulatorische Zulassung darstellen.


Laborfleisch gelte in der Schweiz sowie auch in der EU als neuartiges Lebensmittel und ist daher bewilligungspflichtig, schreibt Sarah Camenisch vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage von Keystone-SDA. Bis anhin sind keine Bewilligungsgesuche bei den Schweizer Behörden eingegangen, schreibt die BLV-Mediensprecherin weiter. Auch der EU liegt nach ihrem Kenntnisstand kein derartiges Gesuch vor.


In den Vereinigten Staaten hat die Lebensmittelzulassungsbehörde FDA im November 2022 aus Stammzellen gezüchtetes Huhn des kalifornischen Unternehmens Upside Foods für sicher zum Verzehr erklärt. Das Laborfleisch wartet noch auf die Zulassung anderer US-Behörden, bevor es tatsächlich verkauft werden darf. Im März 2023 erklärte die FDA auch das gezüchtete Fleisch der Firma Good Meat für sicher.


Doch was hat das alles überhaupt mit Bill Gates zu tun? Der Microsoft-Gründer gehört einem Medienbericht zufolge und nach Angaben des Unternehmens Upside Foods selbst zu den Investoren des Unternehmens.